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1.10.2020 11:19:23

Die Grüne Jugend Berlin hat zusammen mit der Linksjugend Solid, Berlin, einen offenen Brief an den Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) verfasst, in dem die Jugendorganisationen gegen die für den 9. Oktober angekündigte Räumung des linken Hausprojekts »Liebig 34« protestieren. Darin heißt es:

Mit dem Drugstore, der Friedel 54 und der Liebig 14 wurden in den vergangenen Jahren Orte geräumt, die für die linke Szene in Berlin und die jeweiligen Kieze enorme Bedeutung hatten. Durch die Räumung der Kiezkneipe »Syndikat« im vergangenen Monat wurde ein weiterer linker Freiraum zerstört. Und nun droht die Räumung der Liebig 34, eines der wenigen queer-feministischen Hausprojekte.

In Kneipen werden Proteste gegen Nazis und Abtreibungsgegner*innen geplant. Viele (Kiez-)Initiativen nutzen die Infrastruktur der Häuser für die Planung und Durchführung wichtiger politischer Bildungsarbeit im Kampf gegen Gentrifizierung, Obdachlosigkeit, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus. Fällt diese Arbeit weg, möchten wir uns gar nicht vorstellen, was das für den Zusammenhalt in unserer Stadt bedeutet.

In Ihrem eigenen Grundsatzprogramm verpflichten Sie sich dem demokratischen Sozialismus. Mit Ihrer Politik linken Projekten gegenüber arbeiten Sie genau gegen dieses Ziel an! Es ist unerlässlich, für eine Organisation der sozialistisch und emanzipatorisch gesinnten Jugend Freiräume zu ermöglichen und diese zu erhalten. Mit Ihrer Räumungspolitik demonstrieren Sie stellvertretend für die SPD ein ums andere Mal den Verrat an Ihren sozialistischen Grundwerten! Deswegen rufen wir Sie auf, den letzten Funken sozialistischer Grundüberzeugung zu retten: Tun Sie alles (…), um die Räumung der Liebig 34 am 9.10.2020 zu verhindern!

Wie in unserem offenen Brief zur Potse (Jugendzentrum, jW) bereits gefordert, sind diese Räume essentiell für unsere Stadt! Bei der Räumung des Syndikats wurde die Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt. Es war aufgrund der polizeilichen Sicherheitszone quasi unmöglich, eine Versammlung in der Nähe des Syndikats anzumelden. Solche oder ähnliche Eingriffe in Grundrechte dürfen nicht wieder vorkommen!

Das Polizeiaufgebot war außerdem bei der Räumung des Syndikats völlig überzogen. Nach einer kleinen Anfrage der Grünen-Abgeordneten Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger wurde der Bereich um das Syndiakt herum mit 1.228 Polizist*innen gesichert, welche insgesamt 14.257 Dienststunden absolvierten. Von den Kosten für diesen Einsatz hätten Sie theoretisch das gesamte Gebäude kaufen können. Abgesehen davon wurde eine extreme Eskalationsstrategie gefahren, wodurch mehrfach die Grundrechte der Demonstrant*innen eingeschränkt wurden. Weder ein derartiges Polizeiaufgebot noch eine solche Strategie dürfen in Zukunft wieder vorkommen!

Sollte wieder unter einem ähnlich fadenscheinigen Grund die Versammlungsfreiheit eingeschränkt oder ein derart übertriebenes Polizeiaufgebot aufgefahren werden, appellieren wir an Bündnis 90/Die Grünen Berlin und Die Linke Berlin, entsprechende Konsequenzen zu ziehen und Sie endlich in Ihre Schranken zu weisen!


reposted by dychterfyrst
18.8.2020 21:59:01

Am Morgen des 7. August wurde die Kiezkneipe Syndikat im nordneuköllner Schillerkiez geräumt. [...]

Dazu erklärt Lukas Selchow, ein Sprecher des Syndikat-Kollektivs:
Dieser martialische Einsatz zur Räumung einer Kiezkneipe, die fast 35 Jahre zur nachbarschaftlichen Infrastruktur im Schillerkiez gehörte, ist eines selbsterklärten linken Senats absolut unwürdig und zeigt, dass der Rechtsstaat – der durch diesen Einsatz ja sichergestellt worden sein soll – jegliches Maß verloren hat. Für die Interessen von Pears Global, eines intransparenten, kommunikationsunwilligen und steuervermeidenden Briefkastennetzwerks, wurde eine Materialschlacht geliefert, für deren Kosten der Senat das gesamte Haus in der Weise­straße 56 wahrscheinlich mehrfach hätte kaufen können. Das wäre billiger gewesen und hätte die zahlreichen Verletzten, Verhafteten und unzähligen schockierten und wütenden Nachbarn erübrigt.

via junge Welt


reposted by wonko dychterfyrst
4.8.2020 11:24:44

Aus: junge Welt vom 04.08.2020, Seite 8 / Ansichten

Endlich begriffen

Lompscher-Rücktritt in Berlin
Von Nico Popp

Vor dem Abflug: Katrin Lompscher bei einer Besichtigung des Towers auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof (23.8.2017)

Freunde hatte Katrin Lompscher in der Berliner Bürgerpresse nie. Als sie im Dezember 2016 ihr Amt als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen angetreten hatte, räumte eine lehrbuchmäßig durchgezogene Kampagne sofort ihren Staatssekretär ab, den linken Stadtsoziologen Andrej Holm. Lompscher hielt danach die Füße still. Vergeblich: Schon 2018 trommelte der Tagesspiegel für die Entlassung der »Bauverhinderungssenatorin«.

Wer die Berliner Verhältnisse kennt, wusste, dass das wenig mit Lompschers Politik zu tun hatte: »Bausenatoren«, wie sie sich bis 1999 nannten, stellte traditionell entweder die CDU oder die SPD, die in der Hauptstadt seit Menschengedenken ausgesprochen herzliche Beziehungen zur Bau- und Immobilienwirtschaft unterhält. Lompscher war für diese Leute durch Parteizugehörigkeit und Jargon unwiderruflich disqualifiziert.

Nun glückte ein Anschlag der B. Z. Die Zeitung hatte sich in der vergangenen Woche bemüht, dem Ertrag einer AfD-Anfrage Öffentlichkeit zu verschaffen. Bevor sie mit der Meldung nachlegen konnte, dass Lompscher die regelwidrig einbehaltenen Einkünfte aus ihren Aufsichtsratsmandaten nicht versteuert hatte, trat die Linke-Politikerin am Sonntag abend zurück. Der Immobilienverband frohlockte: Man erwarte nun ein Ende der »bisherigen Bauverhinderungspolitik« und eine Korrektur der »ideologischen Fehler der vergangenen drei Jahre«.

Das ist, einmal wörtlich genommen, selbstverständlich Unsinn. Lompscher hat kein Bauvorhaben aktiv verhindert, und es ist nicht einmal unwahrscheinlich, dass die 2016 festgelegte Zielgröße von 30.000 Wohnungsneubauten bis 2021 mit knapper Not erreicht wird. Dass – und zwar nach offiziellen Zahlen des Senats – 20.000 neue Wohnungen pro Jahr benötigt werden, sich die Kräne weiterhin vor allem für Neubauten im »oberen Preissegment« drehen, während der Bestand an Sozialwohnungen ungebremst abschmiert (von rund 153.000 2015 auf nur noch 95.000 2019), ist die tatsächliche Sachbilanz. Die zu skandalisieren, wird der Immobilienlobby freilich so wenig einfallen wie den Freunden »linker« Regierungspolitik.

Auch Lompschers »Mietendeckel«-Gesetz hat an der Wurzel nichts mit »Ideologie« zu tun. Die Senatorin hat vor der Verabschiedung des Gesetzes im Januar bewiesen, dass sie mitdenkt: Sie verzichtete darauf, die Mietpreisregelungen und Mietsenkungen von Amts wegen durchzusetzen. Der »Mietendeckel« war nie etwas anderes als die staatliche Reaktion auf eine Massenbewegung, die sich gegen die explodierenden Mieten in Berlin richtete und darauf zielte, einen Großteil der Bestände profitorientierter Wohnungskonzerne zu enteignen. Das hauptsächliche, politische Resultat des »Mietendeckels« ist, dass dieser Bewegung der Wind aus den Segeln genommen wurde. So funktioniert klassische sozialdemokratische Reformpolitik. Dass die Bourgeoisie für derartige Dienstleistungen keine Dankbarkeit zeigt, dürfte Lompscher nun endlich begriffen haben.

 

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